Objektnummer: #812
London 1724/25
Meister: Richard Bayley
Beschauzeichen: Leopardenkopf mit Krone für London (Jackson 1921: 85)
Meisterzeichen: Monogramm „RB“ in einem Schild für Richard Bayley (Grimwade 1990, Nr. 116)
Feingehaltsmarke: Schreitende Löwe (Jackson 1921: 85)
Jahreszahl: „I“ in einem Schild für 1724/5 (Jackson 1921: 85)
Höhe: 15,5 cm; Dm.: 23,5 cm; Gewicht: ca. 1.180 g
Über dem gekehlten Wulstfuß erhebt sich der bauchige Gefäßkörper mit stark profiliertem Lippenrand. Vorne in der Wandung ist ein Wappen sowie folgende Widmung eingraviert: „The gift of Sr. James Clavering Bart 1725“. Das Wappen gehört der Familie Clavering und insbesondere Sir James Clavering, Vierter Baronet von Axwell, der 1714 seinen Vater beerbte. Mit 15 Jahren am 6. November 1724 immatrikulierte er im Queens College, Oxford. Er blieb unverheiratet und starb bei seiner Auslandsreisen 1726. Er wurde von seinem Onkel beerbt.
Punsch war seit Anfang des siebzehnten Jahrhunderts ein beliebtes alkoholisches Getränk in England. Der Politiker Sir Alexander Radcliffe (1608-1654) schrieb in seinem Gedicht “Bacchinalia Coelestia: Ein Gedicht, zum Lob des Punsches” Folgendes über dieses Getränk:
The Gods and the Goddesses lately did Feast,
Where Ambrosia with exquisite sawces was drest:
The Edibles did with their qualities suit;
But what they did drink, did occasion dispute.
‘Twas time that Old Nectar should grow out of fashion,
A Liquor they drank long before the Creation.
When the Sky-coloured Cloth was drawn from the Board,
For the Christalline Bowl great Iove gave the Word.
This was a Bowl of most heavenly size,
In which Infant-Gods they did use to baptize.
Quoth IOUE, we’re inform’d they drink Punch upon Earth,
By which Mortal Wights out do us in Mirth;[…]
Die Beliebtheit des Getränks lag sicherlich auch in den Zutaten. Der Punsch war eine Mischung aus Zitrusfrüchten (z.B. Zitrone), Gewürzen (wie z.B. Muskatnuss), Zucker, Spirituosen (wie z.B. Rum) und Wasser. Der Ursprung des Wortes “punch” (auf Englisch) liegt höchstwahrscheinlich in dem Wort “pac”, welches auf Hindi “fünf” bedeutet und damit auf die fünf Inhaltsstoffe des ursprünglich in Indien verwendeten alkoholischen Getränks verweist.
Gewürze, Zucker und Spirituosen brachten die Verbindung zu West- und Ostindien sowie zum britischen Kolonialinteresse an diesen geografischen Gebieten. Dies erklärt auch die große Popularität des Punsches seit der frühen Neuzeit in Großbritannien. Dies wird noch dadurch unterstützt, dass der Punsch und die Punschschale als Symbol der britischen Unterstützung westindischer Inseln im 18. Jahrhundert (durch die Whigs-Partei) benutzt wurden, wie ein Stich von William Hogarth im Jahr 1732 zeigt.
Der Punsch blieb fast 250 Jahre lang beliebt und konnte heiß oder kalt getrunken werden. In Amerika war der Punsch im 18. Jahrhundert auch ein beliebtes alkoholisches Getränk, wie das Gemälde von John Greenwood (1727-92) “Sea Captains Carousing in Surinam“, um 1752-58 (im Saint Louis Art Museum) gut zeigt. Relativ spät, im 19. Jahrhundert, zeigten auch die französischen Herrschaften eine Vorliebe für Punsch gegenüber Wein, wie auch Brillat-Savarin berichtet (1825, S. 168).
In England kann man frühe Punschschalen aus Glas finden (wie in diesem Beispiel in den Sammlungen des Victoria & Albert Museums von ca. 1680). Punschgefäßen wurden oft aus Silber hergestellt; deren große Oberfläche mit Dekoration und Gravuren so wie Wappen und Sprüchen dekoriert wurden. Daneben gibt es auch keramische Punschgefäße, die z.B. die Meißner Manufaktur herstellte.
Richard Bayley war Sohn des Anthony Bayly aus Hampton, bei Highworth. Er trat eine Lehre bei Charles Overing von 1699 bis 1704 an und wurde 1706 Meister. Seine erste registrierte Marke ist 1708 zu datieren. Sein Name lässt sich in der Petition von 1711 zurückverfolgen, die als Thema hatte, die Notwendigkeit für fremde Silberschmiede (hauptsächlich Hugenotten) eine Lehre von 7 Jahren abzuschließen bevor sie tätig wurden.
Richard Bayley hat hochwertiges Silber auch mit diskreter Dekoration hergestellt, wie Humpen, Krüge, Kaffee- und Teekannen. Manche seiner feinsten Werke sind in Victoria & Albert Museum (s. Grimwade 1990: 434-5).
Helga Matzke Kunsthandel zeigt eine herausragende Kanne auf Rechaud des gleichen Meisters.
Grimwade, Ar., London Goldsmiths 1697-1837. Their marks and lives from the original registers at Goldsmiths’ Hall and other sources, GB: Faber and Faber, 1990 [Grimwade3]
Jackson, Ch., J., English Goldsmiths and their marks, London: MacMillan and Co. Limited, 1921
Johnson, Ed. Kimber, The Baronetage of England:, Containing a Genealogical and Historical Account of All the English Baronets Now Existing: with Their Descents, Marriages, and Memorable Actions Both in War and Peace. […], vol. 2, London: G. Woodfall, J. Fuller, E. Johnson, Hawes, Clarke and Collins, W. Johnston […], 1771, (p. 204).
Brillat-Savarin, Jean Anthelme, Physiologie du goût, ill. par Bertall, 1848 : G. de Gonet, Paris.
Ph. Glanville, S. Lee (eds.), The Art of Drinking, V & A Publications: London, 2007.