Königliche, englische Silber vergoldete Tischglocke

Objektnummer: 1008

London 1839

Mortimer & Hunt

Meistermarke: “IM/&/ISH” für John Mortimer und John Samuel Hunt (Marke seit 1839) (Fallon, S. 165).

Sterlingfeingehalt: Lion passant gardant (Jackson 1921: 88)

Beschauzeichen: Löwenkopf für London

Jahreszahl für 1839

Zoll Marke: Königskopf im ovalen Stempel (hier, die Königin Victoria schaut nach links). Diese Marke wurde auf goldenen und silbernen Objekten aus England und Schottland von 01.12.1784 bis 30.04.1890 verwendet. Die Marke zeigt den Kopf des regierenden Königs im Profil (Jackson 1921: 72 & 88).

H.: 12,5 cm (4 7/8 in.); G.: 240 gr (7oz. 14dwt.)

Bilder

Detaillierte Informationen

Königliche Silber vergoldete Tischglocke für Friedrich Wilhelm IV.

Diese sehr schöne und schwere Silber, vergoldete Tischglocke ist detailreich, fein geschmückt. Der Körper ist rund und der Mantel ausladend. Der große, gegossene Volutengriff ist mit einem schönen Blattwerk verziert. Der Körper ist ziseliert mit Rosen, Disteln, Klee- und Eichenblättern. Mittig ist das Monogramm Friedrich Wilhelms IV. von Preußen mit Krone eingraviert, umgebend von Palmen- und Lorbeerkränzen.

Provenienz

 Die Rosen (Tudorrose), Disteln (Schottland) und Kleeblatt (Irland) sind das nationale Symbol für England, Schottland und Irland, während die Eiche ein Nationalsymbol für Deutschland ist. Diese floralen Entscheidungen deuten darauf hin, dass diese Glocke, die Mortimer & Hunt, Juweliere und Goldschmiede an die königliche Familie geliefert haben, ein Geschenk eines Mitglieds des britischen Königshauses an Friedrich Wilhelm IV. (1795-1861) war. Dieser wurde 1840 nach dem Tod seines Vaters König von Preußen.

Friedrich Wilhelm IV. war 1842 Senior Royal Sponsor (Pate) bei der Taufe von Queen Victorias Sohn Albert Edward (Edward VII. (1841-1910)) in der St. George’s Chapel, Windsor.

König Friedrich Wilhelm IV. (1795-1861)

Der preußische König Friedrich Wilhelm IV. (1795-1861) ist vor allem durch die Bauten in Berlin und Potsdam sowie durch die Fertigstellung des Kölner Doms bekannt.

Er interessierte sich sowohl für Architektur als auch für Landschaftsgestaltung und war Patron mehrerer deutscher Künstler, darunter des Architekten Karl Friedrich Schinkel und des Komponisten Felix Mendelssohn. 1823 heiratete er Elisabeth Ludovika, Prinzessin von Bayern (1801-73) (römisch-katholisch), die nach intensiven Verhandlungen zum Lutheranismus konvertierte. Das Paar hatte eine harmonische Ehe, blieb aber kinderlos.

Friedrich Wilhelm wurde nach dem Tod seines Vaters 1840 König von Preußen.

Kulturgeschichte der Glocke

Die Glocke hat eine jahrhundertelange Kulturgeschichte und ist nicht nur eine Schöpfung christlicher Kultur des Westens. Glocke bezeichnet man jenes Klanginstrument – meist ein kelchförmiges Gefäß, welches nach unten offen ist und im Inneren, durch einen Klöppel, der schwingt, zu klingelnden Tönen gebracht wird.

Ursprünglich diente die Glocke, Dämonen und feindliche Mächte zu erschrecken und zu vertreiben. Sie wurden deswegen in kultischen und religiösen Handlungen vieler Religionen einbezogen. Allmählich bekamen Glocken eine Klangqualität, die sich harmonisch in das Geschehen in der Kirche einfügt.

Im weltlichen Bereich wurden Glocken vielfach als Signalinstrumente benutzt. Seit dem Mittelalter kennt man die Glocken als Aufruf zum Steuerzahlen; die Bierglocke als Signal der Öffnung der Schänken; die Sturmglocke als Alarm bei einem Unwetter oder sonstiger gefährlichen Situation.

Tischglocken aus Silber

Kleine Glocken dienten unter anderem den Monarchen, den Politikern im Parlament sowie den Richtern im Gerichtsaal. Sie wurden auch allmählich Teil des Tafelgeschirrs als sog. Tischglocken. Als dieser haben sie sich insbesondere seit der Renaissance verbreitet. Am Anfang waren Tischglocken eher in Höfen gebraucht. Der Bedarf an silbernen Tischglocken stieg seit dem 17. und vor allem dem 18. Jahrhundert.

Meister

Mortimer & Hunt war eine Firma, in der Paul Storr arbeitete. 1807 schloss er eine Geschäftspartnerschaft mit den königlichen Goldschmieden Rundell, Bridge & Rundell. Seit 1822 ging er eine Partnerschaft mit John Mortimer ein und benannte die Firma Storr & Mortimer. Um 1826 schloss sich Storrs ehelicher Neffe John Samuel Hunt, der bereits viele Jahre für Storr arbeitete, der Partnerschaft an. 1838, als Storr in den Ruhestand ging, wurde das Unternehmen in Mortimer & Hunt umbenannt. Die neuen Partner waren John Mortimer, John Samuel Hunt und John Hunt (Sohn des zweiten). Als John Mortimer 1843 in den Ruhestand ging, gingen die beiden anderen Partner eine Partnerschaft mit Robert Roskell und Charles Frederick Jamcock ein und änderten den Namen des Unternehmens in Hunt & Roskell.

Königin Victoria  hat mehrere Aufträge für ihre Geschenke bei Mortimer & Hunt um 1840 erteilt hat, wie ein Besteck und andere Silberobjekte in dem V&A Museum bezeugen.

Literatur

Fallon, John P., Marks of London Goldsmiths and Silversmiths 1837-1914, London: Barrie & Jenkins, 1992.

Lange, Anselm, Europäische Tischglocken: klingende Kostbarkeiten vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Mit Beiträgen aus der Kulturgeschichte der Glocke, Kornwestheim: Minner-Verlag, 1981.