Paar frühe Silber Augsburger Leuchter

Objektnummer: #715

Augsburg, ca. 1705
Meister: Georg III Lotter

Beschauzeichen: Pyr für Augsburg, Periode 1705-1709 (s. Seling, 2007, Nr. 1310, Bd. III/46)
Meister: Meistermarke, bzw. Monogramm „L•R“ im Schild für Georg III Lotter (s. Seling, 2007, Nr. 1834, Bd. III/405)
Maße: Höhe: 22,5 cm (8,7 in.); Gewicht: ca. 530 g jeweils



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Detaillierte Informationen

Paar frühe Silber Augsburger Leuchter

Dieses Paar Silberleuchter stellt einen frühen Typus von Leuchtern der Régence und des Rokoko dar und ist an französischen Vorbildern orientiert. Die Dekoration ist durch klare und elegante Formen geprägt. Die Leuchter stehen auf einem weit ausladenden, gewölbten, getriebenen Fuß, der mehrere Abschnitte aufweist. Den Fuß-Boden bildet eine achteckige Grundplatte. Dies ist typisch für Leuchter des frühen 18. Jahrhunderts und insbesondere des Régence-Stils (für ein Beispiel, s. Seling 1980, II/Abb. 813). Das Hauptdekormotiv ist ein kunstvoll ausgeführter Zungenfries sowie eine Perlenreihe, welche den Fuß zum Schaft hin abschließt. Darüber erhebt sich ein reich verzierter, nach unten verjüngter, Schaft mit Balusterwerk und Godronen. Die Gestalt des Schafts wird durch unterschiedlich profilierten Nodi mit Zungenfries charakterisiert. Die balusterförmige Tülle ist zum Schaft hin ebenfalls mit einem Zungenfries abgeschlossen. Der obere Rand der Tülle ist durch ein Perlenringprofil abgegrenzt. Die dekorative Wahl von übereinanderliegenden, konzentrischen Abschnitten mit wechselnden Zierraten, Ringen und Einschnürungen weist auf eine ausgezeichnete, sichere Ausführung sowie auf qualitativ hochwertige Vorlage hin.

Im Allgemeinen zählte die Kerze in früheren Zeiten zu den wichtigsten Lichtquellen. Zwischen Kirchleuchtern und profanen Leuchtern bestand insbesondere der Unterschied, dass erstere meist groß waren und einen Dorn zum Aufstecken hatten. Profane Leuchter dagegen hatten eine Einstecktülle. Dieses Paar Leuchter von Georg III Lotter gehört zu den außergewöhnlich wichtigen – von hervorragender Qualität und Ausführung – geschaffenen Arbeiten aus Augsburg um 1700. Wenige sind aus dieser Zeit erhalten.

Es war ein Zeichen von Reichtum, wenn die vornehme Gesellschaft in der Lage war, Feste, Soireen und Soupers in der Nacht unter dem warmen Licht von Kerzen in glänzenden und kunstvollen Leuchtern zu feiern. Um den Luxus noch zu betonen, stellte man vielfältige Leuchtertypen für unterschiedliche Zwecke her.
Die Goldschmiedestadt Augsburg hat verschiedene Arten von Leuchtern, und insbesondere Tischleuchter, entwickelt. Die Ausführung davon war außerdem meisterhaft und die Gestaltung war zumeist an die zeitgenössischen Moden und Stile angepasst.
Dekors der Art, wie jene der vorliegenden Leuchter, wurden zuerst in Frankreich des ausgehenden 17. Jahrhunderts entwickelt. Seit 1700 schmückten sie vereinheitlichend, von Augsburg ausgehend, mehrteilige Service und Tischgarnituren. Stilveränderungen waren aus Frankreich, vom Hof in Versailles und aus Paris, bestimmt. Balustermotive, wie jene, die das vorliegende Paar aufweist, waren eine beliebte Dekoration im französischen Gebrauchssilber dieser Zeit.

Meister

Der Goldschmied Georg III Lotter war Sohn des Georg II, ist 1658 in einer evangelischen Familie geboren. Er wurde um 1688 Meister. Er war zum ersten Mal 1688 mit Sabine Küsel (Tochter des Goldschmiedes Philipp Küsel) und zum zweiten Mal 1690 verheiratet. Er ist 1714 gestorben. Seine Werkstatt wurde durch die Witwe bis circa 1717 fortgesetzt. Dies war unten bestimmten Bedingungen nach der Handwerksordnung erlaubt, bedurfte aber einer ausdrücklichen Genehmigung.

Literatur

Gruber, Al., 1982, Gebrauchssilber des 16. bis 19. Jahrhunderts, übers. aus Ur. Reinhardt und G. Meister, Würzburg: Edition Popp
Kommer, Bj. R., 2002, ‚Silber aus Augsburg: Die Kollektion im Augsburger Maximilianmuseum. Bemerkungen zur Entwicklung im 18. Jahrhundert’ in Weltkunst, 2002, Nr. 72, S. 2034-39
Seling, H., 1980, Die Kunst der Augsburger Goldschmiede 1529-1868, Bd. I-III, München: Beck Verlag