Objektnummer: #716
Braunschweig 1754/1767
Meister: Johann Rudolf Müller
Beschauzeichen: für Braunschweig, ein nach heraldisch rechts aufgerichteter oder sich aufrichtender Löwe (Spies Nr. 41).
Ältermannszeichen: „K“; am Ende des 17. Jahrhunderts wurde es üblich, neben dem Stadtbeschauzeichen und dem Meisterzeichen auch eine Kontrolle des Objektes durch sogenannte Ältermänner zu kennzeichnen. Dies wurde durch einen gepunzten Buchstaben realisiert. Um festzustellen, wer die Kontrolle vorgenommen hatte, besaß jeder der prüfenden Ältermänner einen Buchstaben, der erst bei Ausscheiden eines Ältermanns in alphabetischer Folge gewechselt wurde. Hier „K“ benutzt in unterschiedlichen Zeiten zwischen 1735-1768 (Spies 1996: III/273, Tabelle).
Meisterzeichen: Monogramm, „IR/M“, im Schild für Johann Rudolf Müller (Spies Nr. 585a).
Höhe: 20 cm (7.9 in); Gewicht: jeweils 340 g
Dieser Satz von drei Silberleuchtern stellt ein feines Beispiel des Braunschweiger Rokoko dar. Der Fuß weist eine gewölbte, reich geschweifte Form auf und ist in mehreren Stufen verziert. Während der Fuß in Glockenform reiche Treibarbeit mit einem Dekor von gedrehten Zügen aufweist, ist der balusterförmige Schaft streng horizontal gegliedert. Diese Dekoration der gedrehten Züge wird bis zu der Tülle fortgesetzt. Dabei handelt es sich um eine sehr sicher und elegant ausgeführte Arbeit. Der Kontrast zwischen der Dekoration, die einen Eindruck der Bewegung vermittelt, und der Strenge des Schafts gibt diesem Leuchtersatz einen besonderen Charakter.
Um 1700 entwickelte sich Braunschweig von einer Bürgerstadt zu einer Fürstenstadt mit überregionalem Wirtschaftsleben. Zunächst übersiedelte 1753/4 der Hof von Wolfenbüttel nach Braunschweig.
Zahlungskräftige Käufer – häufig Hofbeamte – waren zunehmend interessiert, modische Ware aus Silber zu besitzen. Außerdem wurden durch Messen weitere zahlungskräftige Kunden angelockt.
Der steigende Anzahl der Gold- und Silberschmiede in Braunschweig – und deren Höhepunkt zu Beginn der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts – weist darüber hinaus auf einen Anstieg der Nachfrage nach Produkten aus Edelmetall hin. Das rege Marktgeschehen erklärt zudem die hohe Qualität der Silberarbeiten aus Brauchschweig aus dieser Zeit.
Die Produktion von Luxuswaren war stilistisch an den aktuellen europäischen und französischen Entwicklungen orientiert. Dennoch weisen die Silberarbeiten auch eine lokale künstlerische Note auf.
Müller (Möller), Johann Rudolf (1755-1789). Geboren 1724 als Sohn des „hochfürstl. reitenden“ Försters des Klosters Michaelstein, bei Blankenburg (Spies Nr. 585a). Sein Bruder Friederich Ludwig Müller war ebenfalls Gold- und Silberarbeiter. Johann Rudolf Müller wurde 1755 Goldschmied; er legt am 23.10.1755 sein Meisterstück – ein Silberpokal mit getriebenen Fuß und Deckel – als Silberarbeiter vor. Am 30.05.1755 wird er in Braunschweig Neubürger. 1761 beschäftigt er drei Gesellen. Außerdem beschäftigt er von 1760 bis 1772 vier Lehrjungen. Er heiratete Johanna Sophia Emerentia Kraul und hatte 1757 ein Kind, Johann Heinrich Christoph. Er stirbt mit 66 Jahren am 26.10.1789 und wird auf dem Andreasfriedhof begraben.
Johann Rudolf Müller hält eine herausragende Stellung in der Geschichte der Goldschmiede in Braunschweig des 18. Jahrhunderts. Viele religiöse und profane Objekte aus seinen Händen zeugen davon.
Stadt Braunschweig – Städtisches Museum Braunschweig (Hrsg.), 2005, Braunschweiger Rokoko, Wolfratshausen: Edition Minerva
Scheffler, W., 1992, Braunschweiger Goldschmiede-Familien aus zwei Jahrhunderten (1650-1850). Genealogische Ergänzungen zum Abschnitt ‚Braunschweig’ des zweibändigen Werkes „Goldschmiede Niedersachsens“, Berlin, 1965, Selbstverlag des Braunschweigischen Geschichtsvereins
Spies, G., 1996, Braunschweiger Goldschmiede: Geschichte – Werke – Meister und Marken, Bd. I-III, München-Berlin: Klinkhardt & Biermann