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Silber-Vergoldete Porträtdose mit Darstellung Friedrich des Grossen

Objektnummer #

Berlin, um 1750

Silber, vergoldet, getrieben, graviert, ungemarkt

Durchmesser: 8,5 cm (3,3 in.), Gewicht: 113 g  4 Unzen

Provenienz: Christie`s New York, 9. Februar 1989, Lot 95, Privatsammlung

Bilder

Detaillierte Informationen

Eine Profildarstellung Friedrich des Großen im Brustbild, umrahmt von einer asymmetrisch geformten Kartusche in Form einer Rocaille ziert den Deckel der Porträtdose. Friedrich II. wendet den Kopf nach rechts. Im französischen Stil der Zeit trägt er eine Zopfperücke mit Locken über den Ohren sowie einen antikisierend über die Schulter geschlungenen Hermelinmantel.

Am oberen Rand der Kartusche sind der Kopf der römischen Göttin Minerva mit korinthischem Helm und Helmbusch sowie Lorbeerzweige zu sehen. Rechts und links der Kartusche umrahmen aufgepflanzte Fahnenstangen das Bildnis Friedrichs II. Unterhalb des Brustbilds weisen zwei Kanonen, ein feuernder Mörser und Trommeln auf die Tapferkeit des Königs und seine militärischen Erfolge hin – ein Indiz für eine Entstehung in der Frühzeit der Herrschaft Friedrich II.

Während der Deckel der Dose im erhabenen Relief gearbeitet wurde, ist die Seitenfläche der runden Dose durch Gravuren verziert: Gegenläufig angeordnete Rocaillen, Muscheln und Kriegstrophäen wie Fahnen, ein Degen und ein Schild umziehen das Gefäß abwechslungsreich.

Der Porträttyp Friedrich des Großen erinnert an die Darstellung des Herrschers auf der Medaille von Ludwig Heinrich Barbiez von 1742 anlässlich des Friedens von Breslau. Auch auf Barbiez Medaille von 1748 zur Einweihung des Invalidenhauses, ist ein mittels einer Brosche zusammengehaltener, antikisierender Hermelinmantel zu sehen. Die Gedächtnismedaille von Andreas Vestner als Erinnerung an den Frieden von Dresden von 1745 zeigt Friedrich II. in ähnlicher Weise. Eine Datierung der Dose um 1750 ist daher sehr wahrscheinlich.

Am Boden der Porträtdose befindet sich die Inschrift auf Englisch: „Eine von sechs Dosen, die der Vater Friedrichs des Großen von Preußen anfertigte und einem westfälischen Adeligen schenkte.“

Die Inschrift ist sicherlich späteren Datums, da dem Graveur der Name des Adeligen nicht mehr bekannt ist und er fehlerhaft angibt, die Dose sei vom Vater Friedrich des Großen angefertigt worden. Aus Quellen ist bekannt, dass der preußische König Friedrich II. selbst sich nicht nur für die Goldschmiedekunst interessierte und diese durch zahlreiche Aufträge insbesondere durch die Bestellung von Tabatieren förderte, sondern bereits als Kronprinz den Bijouterieladen von Pierre Bocquet aufsuchte, um sich von diesem in die Geheimnisse der Goldschmiedekunst einweisen zu lassen. Auch später griff er in den künstlerischen Entwurfsprozess von Goldschmiedearbeiten mit ein. Mit großer Wahrscheinlichkeit entstand die Dose in Zusammenarbeit mit Friedrich II.

 

Tabatieren als Edle Geschenke

Die Porträtdose mit dem Bildnis Friedrich des Großen lässt sich mittels eines Scharniers passgenau verschließen. Innen glattpoliert und vollständig vergoldet eignet sie sich ausgezeichnet für die Verwendung als Tabatiere.

Tabatieren dienten als fürstliche Geschenke. Während Verwandte, hochrangige Fürsten, geistliche Würdenträger, Diplomaten und Generäle Golddosen mit Brilliantbesatz verliehen bekamen, erhielt deren Eskorte Golddosen ohne Brilliantbesatz oder vergoldete Silberdosen. Die Differenzierung der Geschenke spielte am Hof Friedrich II. eine große Rolle: Wie an anderen europäischen Höfen wurden Bedienstete durch Geldgeschenke belohnt.

Die Vergabe von Porträtdosen galt als Gunstbeweis des Herrschers, als Zeichen der Freundschaft, als Ausdruck der Dankbarkeit des Herrschers für geleistete Dienste sowie als repräsentatives Erinnerungsobjekt an den Herrscher.

Von Friedrich dem Großen ist überliefert, dass er selbst ein großer Liebhaber des Schnupftabaks war, eine große Sammlung an kostbare Tabatieren besaß, zahlreiche Tabatieren in Auftrag gab und verschenkte. Ihm selbst rettete eine Tabatiere 1759 gar das Leben, als eine Kugel bei der Schlacht von Kunersdorf im Deckel einer mit emaillierten Blumen versehene Tabatiere steckenblieb.

 

LITERATUR

Baer, Wilfried: Prunk-Tabatièren, Berliner Golddosen für den König, in: Friedrich der Große, Sammler und Mäzen, hrsg. von Johann Georg Prinz von Hohenzollern, Ausst-Kat. München 1992–1993, München 1992, S. 210–219, insb. S. 210f. und 215f. (zu den Kenntnissen Friedrich II. zur Goldschmiedekunst und dessen Eingriff in Entwürfe)

 

Börner, Lore: Friedrich II. und die Medaillenkunst, in: Friedrich II. und die Kunst, Ausstellung zum 200. Todestag, hrsg. von Hans-Joachim Giersberg und Claudia Meckel, Ausst.-Kat. Sanssouci 1986, Potsdam 1986, S. 78-85, insb. S. 80, 82

 

Olding, Manfred: Die Medaillen auf Friedrich den Großen von Preußen 1712 bis 1786, Regenstauf 2003, Nr. 532, Nr. 571, Nr. 586

Seelig, Lorenz: Golddosen des 18. Jahrhunderts aus dem Besitz der Fürsten von Thurn und Taxis, Die Sammlung des Bayrischen Nationalmuseums im Thurn und Taxis Museum Regensburg, hrsg. von Renate Eikelmann, Ausst.-Kat. München 2007–2008, München 2007, S. 25–45, insb. S. 31–35 (Tabatieren als Geschenke)

 

ONLINE-LINKS

https://ikmk.smb.museum/object?id=18230420

(Silbermedaille von Ludwig Heinrich Barbiez anlässlich des Friedens von Breslau, 1742, Berlin Münzkabinett der Staatlichen Museen)

https://ikmk.smb.museum/object?id=18230495

(Silbermedaille von Ludwig Heinrich Barbiez anlässlich der Einweihung des Invalidenhauses 1748, Berlin Münzkabinett der Staatlichen Museen)

https://ikmk.smb.museum/object?id=18230574

(Silbermedaille von Andreas Vestner anlässlich des Friedens von Dresden, 1745 Berlin Münzkabinett der Staatlichen Museen)