Objektnummer: #237
Augsburg, 1616/20
Daniel Frey (ca. 1588-1632)
Beschauzeichen: ein „Pyr“ für Augsburg, Periode 1616-1620 (Seling 2007, Nr. 0250)
Meisterzeichen: Monogramm „DF“ im Schild für Daniel Frey (ca. 1588-1632) (s. Seling 2007, Nr. 1304)
Gravur: Das Monogramm „I/E-Z“; zwei Hausmarken und Jahreszahl „1633“
Maß: Höhe: 9 cm (3, 54 in.); Gewicht: 108 g
Der vorliegende Becher ist ein Trinkgefäß für Wein und stellt den Typus „Römer“ dar.
Auf einem runden, schmalen, leicht profilierten Fuß hebt sich ein zylindrischer Schaft auf. Der Raum zwischen dem unteren und oberen Teil des Schaftes ist vergoldet und verziert mit muschelförmigen Nuppen, in drei Reihen versetzt. Das Muschelfeld ist darüber hinaus gepunzt. Auf dem Schaft steht die sechs-lippige Kuppa, die sich blütenartig nach oben verbreitet. Die Wandung der Kuppa ist außen in Schlagenhautpunzierung in sechs Feldern dekoriert. Die glatten Flächen um die gepunzten Felder sind vergoldet. Der Becher ist innen auch vergoldet. Die Vergoldung ist in einem sehr guten Zustand erhalten und weist natürliche Gebrauchsspuren auf.
Die Eigentümerhausmarken und weitere Gravuren unter dem Boden des Bechers sowie die gelappte Kuppa und der mittlere Teil sind Merkmale eines exzeptionellen Römers aus Augsburg.
„Römer“ sind Becher, die eine bestimmte Glasform nachahmen. Römer aus Glas werden seit der Mitte des 15. Jahrhunderts in der Literatur genannt. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts erhält der Römer die Form, die typisch für ihn betrachtet ist: gesponnener konischer Fuß, zylindrisches nuppenbesetztes Mittelteil, große gerundete Kuppa. Es scheint, dass Römer in Mittel- und Nordeuropa vorwiegend benutzt wurden. Der Römer war eine Glasform des 17. Jahrhunderts, der sehr häufig Verwendung fand. Auf holländischen Gemälden des Stilllebens aus dem 17. Jahrhundert werden sehr häufig Römer aus Glas dargestellt. Für den Beginn des 17. Jahrhunderts sind große Produktionsziffern von Glas-Römern bekannt. Sie wurden auch für den Export hergestellt. Die Vielzahl von Römern aus Silber weist weiterhin auf die Beliebtheit dieses Weinbechers hin.
Das Dokument Catalogue Colinet der Glashütte in Beauwelz (Wallonien) aus dem 16. Jahrhundert (um 1555) nennt und beschreibt unterschiedliche Römerförmen. Darunter findet man einen Becher mit einer trichterförmigen Kuppa und einem zylindrischen, muschelbesetzten Mittelteil (Kat. Nr. 24). Dass ein Glasbecher auch mit Muscheln verziert werden konnte, ist bereits auf dem Titel des Catalogue Colinet und der Beischriften erwähnt (vgl. Abb. Ia-d, Theuerkauff-Liederwald 1968/I: 122-3).
Auch wenn viele Formen von Römern bekannt sind, ist die Form dieses Bechers mit der sechs-lippigen Kuppa selten getroffen. Bei der blütenartigen Kuppa handelt es sich um einen Typus aus Süddeutschland. Der vorliegende Becher stellt er in seiner gedrungenen Form einen Übergangstypus des Anfangs des 17. Jahrhunderts dar, dessen Mittelteil noch nicht so hoch ist.
Daniel Frey war evangelischer Goldschmied, geboren um 1588. Er wurde um 1616 Meister und heiratete das erste Mal im gleichen Jahr. Eine zweite Ehe mit Euphrosyna Grill, Tochter des Goldschmiedes Balthasars I Grill, folgte im Jahr 1618. Daniel Frey ist 1632 gestorben.
Chambon, R., L’histoire de la verrerie en Belgique du IIe siècle à nos jours, Bruxelles: Ed. de la Librairie Encyclopédique, 1955
Theuerkauff-Liederwald, A.-El., ‚Der Römer: Studien zu einer Glasform, I – II’, In: Journal of Glass Studies, Bd. X, 1968, S. 114-155 & Bd. XI, 1969, S. 43-69
Seling, H., Die Augsburger Gold- und Silberschmiede 1529-1868, Bd. I-III, München: Beck Verlag, 1980 -2007